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Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung („Borchert-Kommission“) hat entsprechende Vorschläge zum Umbau der Nutztierhaltung erarbeitet. Im Fokus steht vor allem die Schweinehaltung. Mehr Tierwohl heißt hier insbesondere ein größeres Flächenangebot, die Strukturierung der Buchten sowie unterschiedliche Klimazonen mit Kontakt zu Außenklima und Auslauf. Der Umbau der Tierhaltung ist mit Neubauten allein nicht zu schaffen. Auch vorhandene Ställe müssen unter Berücksichtigung der genehmigungsrechtlichen Anforderungen umgebaut werden.

Für die erfolgreiche Umsetzung der Vorschläge sind vor allem die Anforderungen zur Emissionsminderung und zum Immissionsschutz im Rahmen der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) relevant. Deren Neufassung wird im Dezember 2021 in Kraft treten und neue beziehungsweise erweiterte Anforderungen an die Genehmigung und Nachrüstung von Ställen enthalten. Was bedeutet dies für den Umbau der Tierhaltung?

Emissionsminderung

Die TA Luft regelt den Stand der Technik zur Emissionsminderung. Die Anforderungen umfassen das Fütterungsregime, baulich-technische Aspekte und Managementmaßnahmen. Da letztere (zum Beispiel optimales Stallklima, regelmäßige Entmistung) vergleichsweise unproblematisch sind, werden sie nachfolgend nicht weiter behandelt.

Grundsätzlich gelten die emissionsmindernden Anforderungen nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen mit beispielsweise ≥ 1.500 Mastschweineplätzen oder ≥ 560 Sauenplätzen. Darüber hinaus ist der Grundsatz zu beachten, dass "die baulichen und betrieblichen Anforderungen (…) mit den Erfordernissen einer tiergerechten Haltung abzuwägen (sind), soweit diese Form der Tierhaltung zu höheren Emissionen führt."

Auch bei ökologischer Tierhaltung kann von den Anforderungen abgewichen werden, wenn diese der EU-Ökorichtlinie widersprechen. Anders als in der TA Luft 2002 sind diese Grundsätze den Anforderungen vorangestellt und erhalten damit einen höheren Stellenwert.

Als Fütterung wird eine stark stickstoff- und phosphorreduzierte Fütterung und das Einhalten bestimmter Nährstoffausscheidungen verlangt. Die Werte orientieren sich an den Fütterungsempfehlungen der DLG. Durch diese Art der Fütterung wird eine Emissionsminderung beim Ammoniak in Höhe von bis zu 20 Prozent möglich, die generell vorausgesetzt wird. Da bei Öko-Tierhaltung diese Fütterung und das Einhalten der Ausscheidungswerte kaum möglich ist, gelten die Ausnahmen im Sinne des oben genannten Abwägungsgrundsatzes.

Abluftreinigung

Am einschneidendsten hinsichtlich der baulich-technischen Anforderungen dürfte sein, dass beim Neubau zwangsgelüfteter Ställe eine Abluftreinigungsanlage vorzusehen ist. Dies gilt nur für die größeren immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen mit zum Beispiel ≥ 2.000 Mastschweineplätzen oder ≥ 750 Sauenplätzen. Die Abluftreinigung muss eignungsgeprüft sein und die Emissionen unter anderem für Ammoniak um mindestens 70 Prozent reduzieren. Bestehende Ställe müssen innerhalb von fünf Jahren nachgerüstet werden, sofern dies technisch und mit verhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

Nur für "qualitätsgesicherte Haltungsverfahren, die nachweislich dem Tierwohl dienen, (…) sollen andere emissionsmin-dernde Verfahren und Techniken (…) angewendet werden, mit denen ein Emissionsminderungsgrad (…) bei tiergerechten Außenklimaställen von mindestens 33 Prozent (…) erreicht wird." Diese Ausnahmeregelung ist sachgerecht und positiv zu bewerten, da Abluftreinigungsanlagen bei frei gelüfteten Ställen (Außenklimaställe) nicht eingesetzt werden können. Der geforderte Emissionsminderungsgrad ist nach aktuellem Stand des Wissens mit einem Außenklimastall erreichbar. Zwischenzeitlich wird im Rahmen einer Bund-/Länder-Arbeitsgruppe "Immissionsschutz und Tierwohl" an einer Vollzugshilfe gearbeitet, um die Anwendung für die Genehmigungsbehörden zu erleichtern.

Die kleineren immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen (zum Beispiel ab 1.500 Mastschweineplätze oder 560 Sauenplätze), müssen dagegen durch Einsatz bestimmter stallinterner Maßnahmen eine Emissionsminderung von 40 Prozent erfüllen. Gleiches gilt, wenn bei konventioneller Stallhaltung in den genannten Anlagen die Nachrüstung einer Abluftreinigung unverhältnismäßig ist. Für Schweineställe können beispielsweise folgende Maßnahmen eingesetzt werden:

  • Güllekanalverkleinerung (Verringerung der emissionsaktiven Fläche),
  • Güllekühlung (Hemmung mikrobiologischer Prozesse und damit der Ammoniakbildung),
  • Gülleansäuerung (Ammoniak bleibt als Ammonium gebunden in Gülle).

Für die Nachrüstung dieser Maßnahmen haben die kleineren, immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen bis 2029 Zeit. Dies ist nicht erforderlich, wenn es unverhältnismäßig oder technisch nicht möglich ist.

Darüber hinaus müssen alle immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen in Zukunft Flüssigmist in geschlossenen Behältern mit Abdeckung aus Folie, mit fester Abdeckung oder mit Zeltdach lagern. Abdeckungen aus Strohhäckseln, Granulaten oder Füllkörpern sind ausgeschlossen. Ebenfalls verschärft wurden Anforderungen an die Festmistlagerung: Hier ist eine dreiseitige Umwandung mit Überdachung oder Abdeckung erforderlich. Diese Anforderungen müssen Bestandsanlagen spätestens ab 2026 einhalten.

Immissionsschutz

Neben den Anforderungen zur Emissionsminderung sind bei der Errichtung oder Änderung eines Stalles ausreichende Abstände zur nächsten Wohnbebauung und zu stickstoffempfindlichen Pflanzen und Ökosystemen einzuhalten, um dort schädliche Einwirkungen zu verhindern. Hiervon sind alle Tierhaltungsanlagen betroffen, auch die kleineren, "nur" baurechtlich genehmigungspflichtigen Betriebe. Für tiergerechte Außenklimaställe mit Auslauf stellt dies abhängig vom Standort oftmals eine besondere Hürde dar.

Der Abstand hängt insbesondere von der Größe eines Stalles und der Art des Haltungsverfahrens beziehungsweise der Höhe der Emissionen ab, aber auch von der Windrichtungsverteilung am Standort und Vorbelastungen durch andere Betriebe. Bei Offenställen und Ausläufen werden Emissionen bodennah und diffus freigesetzt. Hieraus resultieren rechnerisch größere Reichweiten und Abstände, um die Immissionsgrenzen einzuhalten, als bei konventionellen, zwangsgelüfteten Ställen mit einem Abluftaustritt in größerer Höhe (s. Abbildung). Daher stellen Außenklimaställe mit Auslauf deutlich höhere Anforderungen an den Standort als geschlossene, konventionelle Ställe mit Zwangslüftung. Dies betrifft vor allem ausreichend große Abstände zu den Schutzgütern (zum Beispiel Wald).

Zudem ist beispielsweise eine Abluftreinigung zur Emissionsminderung wie bei geschlossenen Stallsystemen nicht einsetzbar. Ein weiteres Problem ist, dass zwar Messungen stattfinden, es aber noch keine belastbaren Emissionswerte für diese Stallsysteme mit Auslauf und emissionsmindernden Maßnahmen gibt. Um rechtssichere Genehmigungen auszustellen, wird bisher je nach Bundesland mit um 20 bis 30 Prozent höheren Emissionen im Vergleich zu einem Stall ohne Auslauf gerechnet. Reicht der Abstand nicht aus, so muss der Betrieb Emissionsminderungstechniken einsetzen oder auf den Bau verzichten.  

Erleichterungen bei diesen Schutzanforderungen für Tierwohlställe kann es nach der bisher vorherrschenden Rechtsauffassung nicht geben. Da tiergerechte Außenklimaställe mit Auslauf jedoch ein geringeres Belästigungspotenzial für Gerüche als konventionelle, zwangsgelüftete Ställe aufweisen, enthält die TA Luft zumindest einen Gewichtungsfaktor, der zu einer etwas günstigeren Bewertung der Geruchsimmissionen führt. Die Anwendung ist aber auf maximal 500 Mastschweineplätze begrenzt.

Fazit

Tiergerechte Haltungsverfahren sind im Vergleich zu konventionellen insbesondere durch ein größeres Platzangebot, Mehrflächenbuchten, freie Lüftung und Ausläufe gekennzeichnet. In Bezug auf das Immissionsschutzrecht ergibt sich ein gemischtes Bild: Im Bereich der Anforderungen zur Emissionsminderung sind sachgerechte Ausnahmeregelungen für Tierwohlställe in der neuen TA Luft verankert. Bei den Anforderungen zum Immissionsschutz ist dies bisher nicht möglich. Aufgrund der schlechten Datenlage zu den Emissionen werden für eine rechtssichere Beurteilung derartiger Ställe in Genehmigungsverfahren häufig ungünstige Annahmen getroffen. Darüber hinaus weisen sie ungünstige Emissions- und Ausbreitungsbedingungen auf, was nach derzeitiger Beurteilungspraxis deutlich größere Abstände zur Wohnbebauung oder stickstoffempfindlichen Ökosystemen als bei konventionellen Ställen zur Folge hat.

Insbesondere an Standorten mit hoher Vorbelastung durch andere Betriebe dürften Tierwohlställe daher in der Regel nur bei Reduktion des Tierbestandes genehmigungsfähig sein, damit die Umweltbelastung nicht zunimmt.

Weitere Informationen zur Tierhaltung

Broschüre "Gesamtbetriebliches Haltungskonzept Schwein – Sauen und Ferkel" (2021), hrsg. v. BZL: Die Broschüre enthält 16 Planungsbeispiele für zukunftsfähige Haltungssysteme, jeweils mit Grundriss und Schnitt. Diese wurden ökonomisch bewertet, insbesondere unter Berücksichtigung des zusätzlichen Arbeitszeitbedarfs, der sich durch die Haltung unkupierter Schweine, der Gruppenhaltung von Sauen sowie durch Auslauf und Beschäftigungsfutter ergibt. Für die Broschüre haben Fachleute der Landesanstalten, Landesämter und Landwirtschaftskammern aus ganz Deutschland zusammengearbeitet. Unterstützt wurden sie vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. (KTBL) und der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft e. V. (DLG).

Erhältlich ist die Broschüre unter der Bestell-Nr. 0073 als kostenloser Download. Animierte Filme zu den Stallmodellen gibt es auf dem BZL-YouTube-Kanal.