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Der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) ist ein wissenschaftliches Gremium, in dem eine Gruppe hunderter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die weltweiten Treibhausgas-Emissionen auf Basis neuester Erkenntnisse zusammenstellt. Im jüngsten IPCC Report wird aufgeführt, dass die Konzentrationen der THG CO2, Methan (CH4) und Lachgas (N2O) seit den 1980er Jahren kontinuierlich zunehmen, und diese zur Erwärmung der Erdoberfläche beitragen (IPCC 2019). Aus dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie verbundener Landnutzungsänderungen werden netto 23 Prozent CO2-Äquivalente (CO2eq) aller anthropogenen THG freigesetzt. Diese entsprechen 12 Gt CO2eq, wovon 2.3 Gt CO2eq auf N2O- und 4.5 Gt CO2eq auf CH4-Emissionen zurückzuführen sind.

Für die Emissionen aus der Tierhaltung verweist der Klimarat auf die Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen. Darin ist aufgezeigt, dass im Jahr 2010 2,0 Gt CO2eq aus Verdauungsprozessen von Nutztieren, 0,4 bis 1,1 Gt CO2eq im Umgang mit Wirtschaftsdünger und 0,5 Gt CO2eq im Reisanbau entstanden (Tubiello 2013). Die während der Verdauung entstandenen Emissionen waren durch 56 Prozent Mastrinder, 19 Prozent Milchkühe, 11 Prozent Büffel, 7 Prozent Schafe, 5 Prozent Ziegen sowie 3 Prozent weiterer Spezies verursacht (Tubiello 2013). Demgegenüber stehen 6,8 Gt CO2eq, die aus dem Verkehrssektor emittiert werden (IPCC 2014), was zeigt, dass die Tierhaltung keineswegs ein größerer Klimasünder ist als der Verkehr.

Vergleicht man die einzelnen Nutztierspezies, so wird weiter klar, dass die Milchkuh mit 19 Prozent nicht die Hauptverursacherin der THG-Emissionen ist. Eine Schuldzuweisung, die Kuh sei "Klimasünder" oder "Klimakiller" ist daher völlig unzutreffend. Dennoch gibt es Möglichkeiten, die THG-Emissionen aus der Milchkuhhaltung zu reduzieren, um einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Die Potenziale werden sicherlich an Bedeutung gewinnen, wenn Betriebe im Rahmen des geplanten europäischen Lieferkettengesetzes künftig nachweisen müssen, dass die eingesetzten Güter in allen Phasen ihrer Lieferkette nicht in umweltschädigenden Verfahren erzeugt worden sind.

Weniger CH4-Emissionen 

Die Mikroorganismen im Pansen einer Kuh fermentieren das aufgenommene Futter, wodurch kurzkettige Fettsäuren (Acetat, Propionat und Butyrat) sowie CH4 entstehen. Je mehr Futter eine Kuh aufnimmt, desto mehr CH4 entsteht auch. Eine hinreichend hohe Futteraufnahme muss aber gewährleistet werden, um den Erhaltungs- und Leistungsbedarf der Tiere zu decken. Maßnahmen zur Reduktion der CH4-Produktion, die mit einer zu geringeren Energieaufnahme einhergehen, sind daher abzulehnen.

Daneben üben auch Futterinhaltsstoffe einen großen Einfluss auf die CH4-Produktion aus. Strukturkohlenhydrate wie Cellulose und Hemicellulose werden im Pansen nur langsam fermentiert, wodurch es zur vermehrten Bildung von Acetat und CHkommt (Mills 2003). Futtermittel mit einem hohen Rohfasergehalt, wie zum Beispiel Gras, Stroh und Heu, fördern somit die CH4-Bildung. Andererseits ist ein ausreichend hoher Rohfasergehalt zur Aufrechterhaltung der Pansen- und Wiederkauaktivität und eine artgerechte Ernährung notwendig, sodass die CH4-Minderungspotenziale durch eine Absenkung des Rohfasergehalts begrenzt sind.

Zu den leicht fermentierbaren Kohlenhydraten zählt Stärke. Futtermittel wie Mais, Getreide und Kartoffeln besitzen einen hohen Stärkegehalt und bilden während der Pansenfermentation vorwiegend Propionat und wenig CH4. Gleichzeitig verringert ein hoher Stärkeanteil die Verdaulichkeit der Rohfaser, was zu einer weiteren Reduktion der CH4-Bildung führt. Es wurde gezeigt, dass eine Erhöhung des Anteils an Maissilage relativ zur Grassilage die CH4-Ausscheidung verringert (van Gastelen 2015). Der Anteil an Stärke in der Ration kann jedoch nicht beliebig gesteigert werden, da sie den pH-Wert im Pansen rasch absinken lässt, wodurch das Risiko einer Pansenacidose steigt.

Eine weitere Möglichkeit zur Verringerung der CH4-Produktion besteht in der Anreicherung der Ration mit Fetten oder Ölen. So bewirkt die Zulage von mehrfach ungesättigten Fettsäuren des Leinöls (Martin 2008, Engelke 2019), oder mittelkettigen Fettsäuren des Kokosöls (Machmüller 2001) eine Verringerung der CH4-Produktion. Ähnlich wie bei der Stärke beeinträchtigen zu hohe Fettsäuregehalte das Pansenmilieu, die Futteraufnahme und die Verdaulichkeit. Dann wird die im Pansen nicht fermentierte Rohfaser größtenteils mit dem Kot ausgeschieden und fördert während der Güllelagerung die CH4-Emission (Kulling, 2002). Ein erhöhtes Augenmerk sollte auch auf die Herkunft der Fette gelegt werden. Über lange Strecken importierte Futterfette besitzen einen hohen CO2-Fussabdruck und sollten keine Berücksichtigung finden. Stattdessen sind regional erzeugte Produkte zu bevorzugen. Es muss aber beachtet werden, dass viele fett-, öl- und stärkehaltige Pflanzen in Konkurrenz zur menschlichen Ernährung stehen. Nebenprodukte, wie beispielsweise Extraktionsschrote, Press- oder Mahlrückstände stehen nicht in dem Wettbewerb, sind aber ebenfalls geeignet, die CH4-Emission zu senken.

Futtermittel wie Luzerne, Esparsette oder Klee reduzieren die CH4-Bildung gegenüber Gras ebenfalls. Dafür ist vor allem der hohe Anteil sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe verantwortlich. Die kondensierten Tannine bewirken bereits in geringer Konzentration eine Reduktion der CH4-Produktion, können in zu hohen Dosen aber die Verdaulichkeit des Futters beeinträchtigen (Haque 2018).

Pflanzen, die zu intensiv mit Stickstoff gedüngt wurden, weisen hohe Nitrat-Werte auf. In einigen Regionen findet man auch im Brunnenwasser sehr hohe Nitrat-Gehalte. Bereits wenige Milligramm Nitrat reduzieren die CH4-Bildung deutlich, allerdings können schon leicht höhere Dosen zur Methämoglobin-Bildung und toxischen Erscheinungen führen (van Zijder-veld 2011). Da die Nitratgehalte im Futter und der Tränke oft nicht bekannt und hierzulande oft hinreichend hoch sind, muss von einer weiteren Nitratzulage abgeraten werden.

Milchkühe sind nicht nur CH4-Emittenten, sondern in Stoffkreisläufe eingebunden. Bei Weidehaltung können sie trotz ihrer CH4-Emissionen zu einer Netto-CO2-Fixierung beitragen. So wurde gezeigt, dass eine Beweidung in Abhängigkeit der Besatzdichte und Beweidungsintensität die Kohlenstoffeinlagerung in die Böden fördert (Gomez-Casanovas 2018). Die Weidehaltung kann daher positive Effekte auf die Klimabilanz ausüben und nebenbei die Biodiversität fördern.

Weniger Stickstoffemissionen

Kot- und Harnausscheidungen von Nutztieren setzen Ammoniak (NH3) frei. Rinder leisteten im Jahr 2018 mit 336.400 Tonnen (53 Prozent) den größten Beitrag aller landwirtschaftlichen NH3-Emissionen in Deutschland (UBA 2020). Gasförmiges NH3 gefährdet die Gesundheit von Mensch und Tier und verursacht Wald- und Gebäudeschäden. Bei Auswaschung mit Wasser entsteht Ammonium und bei Mineralisierung im Boden Nitrat. Beide Stickstoff (N)-Formen tragen zur Eutrophierung bei und können im Grund- beziehungsweise Trinkwasser akkumulieren, wobei Nitrat mit >50 mg/l als gesundheitsgefährdend gilt. Nach Eintrag von Gülle in den Boden entsteht auch das Treibhausgas N2O. In Deutschland betragen die jährlichen N2O-Emissionen 82.800 Tonnen, hinzu kommen weitere 269.500 Tonnen NOx-Verbindungen (UBA 2020).

Die N-Emissionen steigen mit zunehmender Rohproteinaufnahme mit dem Futter (Zhao 2017). Neuere Fütterungsempfehlungen für die Praxis legen nahe, eine Anpassung des Rohproteingehalts der Ration entsprechend der Milchleistung und des Laktationsstadiums vorzunehmen, ohne dass die Milchleistung beeinträchtigt wird (DLG 2020). Darin besteht das größte Potenzial, die N-Emissionen zu reduzieren.

Der Stickstoff im Harn wird in der Umwelt besonders schnell abgebaut, der N im Kot vergleichsweise langsam, weil er hauptsächlich in proteingebundener Form vorliegt. Entsprechend sind die Umweltwirkungen durch Urin größer als durch Kot. Kondensierte Tannine erhöhen das Verhältnis von Kot-N zu Harn-N und mindern so die Umweltwirkung der Exkremente. Tanninhaltige Pflanzen wie Leguminosen können daher sowohl zur Reduktion der CH4- als auch Harn-N-Emissionen beitragen, allerdings muss deren Anteil in der Ration so gewählt werden, dass die Verdaulichkeit des Futters nicht wesentlich beeinträchtigt wird (Tedeschi 2014).

Literatur

  • DLG (2020): Berücksichtigung N- und P-reduzierter Fütterungsverfahren bei den Nährstoffausscheidungen von Milchkühen. URL: https://www.dlg.org/de/landwirtschaft/themen/tierhaltung/futter-und-fuetterung/dlg-merkblatt-444 (Abruf: 29. April 2021)
  • Engelke, S.W. (2019): Methane prediction based on individual or groups of milk fatty acids for dairy cows fed rations with or without linseed. J. Dairy Sci. 102. Jg., H. 2, S. 1788-1802.
  • Gomez-Casanovas, N. (2018): Grazing alters net ecosystem C fluxes and the global warming potential of a subtropical pasture. 28. Jg., H. 2, S. 557-572. 
  • Haque, N. (2018): Dietary manipulation: a sustainable way to mitigate methane emissions from Ruminants. J. Anim. Sci. Technol. 60. Jg., Artikelnummer 15.
  • IPCC Special Report Climate Change and Land (2019): URL: https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/sites/4/2021/02/05_Chapter-2-V5.pdf (Abruf: 27. April 2021)
  • IPCC Klimaänderung (2014): URL: https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2018/02/IPCC-AR5_SYR_barrierefrei.pdf (Abruf: 27. April 2021)
  • Kulling, D.R. (2002): Methane emissions of differently fed dairy cows and corresponding methane and nitrogen emissions from their manure during storage. Environ. Mon. Assess. 79. Jg., H.2, S. 713-722.
  • Machmüller, A. (2001): Diet composition affects the level of ruminal methane suppression by medium-chain fatty acids. Aust. J. Agricult. Res. 52. Jg., H. 7, S. 713-722.
  • Martin, C. (2008): Methane output and diet digestibility in response to feeding dairy cows crude linseed, extruded linseed, or linseed oil. J. Anim Sci. 86. Jg., H. 10, S. 2642-50.
  • Mills, J.A. (2003): Alternative approaches to predicting methane emissions from dairy cows. J Anim Sci. 81. Jg., H. 12, S. 3141-3150.
  • Tedeschi, L.O. (2014): Developing a conceptual model of possible benefits of condensed tannins for ruminant production. Animal. 8. Jg., H. 7, S. 1095-1105.
  • Tubiello, F.N. et al. (2013): The FAOSTAT database of greenhouse gas emissions from agriculture. URL: http://www.fao.org/climatechange/36143-0fa4483057747f41c08183b702ec5954e.pdf (Abruf: 27. April2021)
  • Umweltbundesamt (2020): Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen. URL: https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas#treibhausgas-emissionen-aus-der-landwirtschaft (Abruf: 28. April 2021)
  • van Gastelen, S. (2015): Enteric methane production, rumen volatile fatty acid concentrations, and milk fatty acid composition in lactating Holstein-Friesian cows fed grass silage- or corn silage-based diets. J. Dairy Sci. 98. Jg., H. 3, S. 1915-1927.
  • van Zijderveld, S.M. (2011): Persistency of methane mitigation by dietary nitrate supplementation in dairy cows. J. Dairy Sci. 94. Jg., H. 8, S. 4028-4038.
  • Zhao, G. (2017): Modulation of Protein Metabolism to Mitigate Nitrous Oxide (N2O) Emission from Excreta of Livestock. Curr Protein Pept Sci. 18. Jg, H. 6, S. 525-531.