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Die von der AGRIDEA durchgeführte Online-Umfrage hat den Trend zum digitalen Wissenstransfer genauer analysiert.
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Obwohl die Landwirtschaft oft mit Tradition und ländlicher Idylle assoziiert und in der Werbung ein häufig idealisiertes Bild vermittelt wird, entwickelt sie sich unaufhaltsam technologisch und digital. Wie die Akteurinnen und Akteure der Landwirtschaft mit diesem gesellschaftlichen Megatrend umgehen, um aktuelles Wissen und Informationen zu verarbeiten, ist selten genauer untersucht worden. Um den Wissenstransfer im LIWIS (Landwirtschaftliches Innovations- und Wissenssystem) mit digitalen Medien besser zu verstehen, hat die landwirtschaftliche Beratungszentrale der Schweiz AGRIDEA im Frühjahr 2019 eine Online-Umfrage durchgeführt.

Dabei war das Ziel der Umfrage, mehr über die Anwendung verschiedener Medien zur Wissensvermittlung und -beschaffung zu erfahren. Ein besonderes Interesse bestand im Gebrauch von digitalen Medien im Vergleich zu Druckmedien und in den Unterschieden zwischen verschiedenen Akteursgruppen (s. Abbildung 1).

Diese Umfrage erlaubte es nicht, vertiefter auf die komplexeren Zusammenhänge des Wissensmanagements einzugehen. Sie lieferte lediglich eine Momentaufnahme und einen Einblick in den aktuellen digitalen Wissenstransfer. Die Online-Umfrage wurde insgesamt von gut 2.000 Personen aus dem LIWIS ausgefüllt.

Telefon wichtig

Die Suche mit Google oder anderen Suchmaschinen hat bei allen Akteursgruppen einen hohen Stellenwert; gleichzeitig sind aber auch klassische Medien wie Fachzeitschriften und Merkblätter wichtig. Obwohl die digitale Form wichtiger wird, sind bei Landwirtinnen und Landwirten häufiger gedruckte Medien gefragt. Fachzeitschriften werden wiederum von allen Gruppen – außer der Forschung – häufiger in Druck- als in Digitalform gelesen.

Telefonauskünfte spielen vor allem bei Landwirtinnen und Landwirten eine wichtige Rolle (s. Abbildung 2). Dies kann an der grundlegend anderen Arbeitsweise in der Praxis liegen: Hier wird eher draußen als im Büro gearbeitet und das Telefon ist oft der schnellste und direkteste Weg zur Informationsbeschaffung. Ähnlich dazu benutzen sie auch häufiger als die anderen Gruppen SMS oder WhatsApp zur Verbreitung von Informationen.

Auf den Sonderfall "Video" konnte im Rahmen dieser Umfrage nur begrenzt eingegangen werden. In den Resultaten wurden Videos nicht als wichtiges Medium für den Wissenstransfer beurteilt. Dies heißt aber nicht, dass Videos nicht genutzt werden und eine wichtige Funktion haben. Sie müssen jedoch bewusst auf die entsprechenden Zielgruppen ausgerichtet werden, sodass die Inhalte im Sinne der Aus- und Weiterbildung eingesetzt werden können (Fry u.a. 2019).

Suchmaschinen wie Google sind ein wichtiger Ausgangspunkt für die Informationssuche, liefern jedoch nicht immer die gewünschten beziehungsweise nützlichsten Informationen (s. Abbildung 3). Für nützliche Informationen im Berufsalltag sind das persönliche Netzwerk – sei es in Form von direktem Austausch oder per Telefon – thematische Websites oder auch Fachliteratur wichtiger.

Hier zeichnet sich eine Tendenz ab, die auch für die Beratung beachtet werden muss. Für Personen in der Praxis ist das Telefon (Smartphone) oft der einfachste und direkteste Weg, Informationen zu beschaffen.

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Gezielte Verbreitung

Mit Google und anderen Suchmaschinen ist eine riesige Menge an Daten und Informationen stets abrufbar. Dabei muss aber von den verfügbaren Daten und Informationen Brauchbares von Unbrauchbarem unterschieden werden können. So kann es schwierig sein, die aktuellste Version eines bestimmten Dokumentes zu finden. Im Wissenstransfer ist es daher wichtig, dass Informationen gebündelt werden und beispielsweise auf einer Plattform oder einer Webseite gezielt verbreitet werden. Dokumente müssen auf thematischen Websites fortlaufend aktualisiert werden. Dies birgt gleichzeitig Chancen und Risiken im Umgang mit neuen, digitalen Hilfsmitteln.

Auch für die Platzierung oder Verbreitung eines bestimmten Produktes stellen sich neue Fragen. Der hohe Stellenwert der Google-Suche bedeutet, dass die Sichtbarkeit auf Google gewährleistet sein muss.

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Informationen filtern

In der digitalen Informationsflut kommt der Selektion der Inhalte eine bedeutende Rolle zu. Beratung und Bildung spielen dabei eine Schlüsselfunktion ebenso bei der Befähigung im Umgang mit dem Wissensmanagement wie auch bei der Aufbereitung und Verbreitung von bereits ausgewählten Lerninhalten. Beratung und Bildung sind in der Pflicht zwischen Wissenschaft und Praxis zu vermitteln. Sie stehen vor der Herausforderung sowohl die Resultate aus der Forschung allgemein verständlich zu übersetzen und zugänglich zu machen wie auch Themen zu setzen, aufzunehmen und zu verarbeiten.

Diese Rolle des Filterns ist in der digitalen Welt angesichts der unübersichtlichen Informationsmenge schwieriger geworden. Das LIWIS befindet sich in einem digitalen Transformationsprozess. Es werden sowohl digitale wie auch herkömmliche Informationskanäle bewirtschaftet. Dies ergibt einen zusätzlichen Aufwand, was Aktualisierungen, Übersetzungen und die Kommunikation betrifft. Um sich mit den beschränkten Ressourcen nicht zu verlieren und Doppelungen zu verhindern, sind strategische Entscheide sowie die Prioritätensetzung wichtig.

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Neue Kanäle

Neue Kanäle werden nicht von heute auf morgen die klassischen Medien ablösen können. Wie die Umfrage verdeutlicht, sind die traditionellen Formen wie Fachzeitschriften und Merkblätter nach wie vor wichtig für den Wissenstransfer. Die Digitalisierung erlaubt es, diese zu ergänzen und neue Kanäle für deren Verbreitung zu schaffen.

Es zeigt sich, dass vor allem Medien und Kanäle benutzt werden, die sich schon eine Weile etabliert haben. Im Normalfall dauert die Einführung neuer Hilfsmittel eine Weile. Gleichzeitig zeigt die aktuelle Situation um COVID-19, dass die Digitalisierung massiv beschleunigt werden kann, wenn die Situation dazu zwingt. Die Krisensituation hat aufgezeigt, was in kurzer Zeit in Form von Webinaren, Farminaren und Online-Plattformen möglich ist.

Mit der Umfrage wurde jedoch deutlich, dass die persönliche Komponente nach wie vor enorm wichtig ist für den Wissenstransfer. Obwohl über Videokonferenzen auch persönliche Treffen möglich sind, werden dadurch in Zukunft die physischen Kontakte nicht ersetzt. Denn ein wichtiger Faktor fehlt in der digitalen Welt: der informelle Austausch, der oft ebenso wichtig ist wie der formelle Inhalt eines Treffens. Es kann aber sein, dass die aktuelle Situation weitere Möglichkeiten dieser digitalen Medien eröffnet und die vielen kreativen und positiven Aspekte verstärkt. Möglicherweise wird in Zukunft sogar ein häufigerer Austausch in einem Mix zwischen Präsenzveranstaltungen und Online-Meetings stattfinden.

Obwohl durch COVID-19 vorübergehend eine massive Verschiebung in die digitale Welt stattgefunden hat, wird sich der Austausch auch wieder in Richtung physischer Treffen entwickeln. Es wird sich zeigen, welche Lehren aus dieser Krise gezogen werden und wie sich die Digitalisierung im LIWIS weiterentwickelt. Bildung und Beratung sind gefordert, die Chancen der digitalen Netzwerke zu nutzen und trotz des hohen Internettempos weiterhin einen sorgfältigen Umgang mit Wissen zu vermitteln.

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Literatur

Patricia Fry P.; Mettler, D.; Jakob, F.; Brugger M.; Flückiger, E. (2019): Social-learning-Videos vermitteln Erfolgsfaktoren für die Vermarktung regionaler Produkte. In: Agrarforschung Schweiz 10 (7–8), S. 260-267.

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Mehr Informationen unter www.agridea.ch

Schlussbericht der Umfrage: https://www.agridea.ch/de/portfolio/#c4199

Stand: 29.06.2020

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