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Mit dem Verlust der biologischen Vielfalt gehen wichtige Ökosystemleistungen verloren. Die ökologische Aufwertung von Privatgärten, Industrie- und Gewerbezonen hat Potenzial, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Mensch und Natur profitieren davon gleichermaßen: Naturnahe Gestaltung im Siedlungsraum erhöht die Aufenthaltsqualität, trägt zu einem guten Mikroklima bei und erhöht insgesamt die Resilienz gegenüber den Folgen des Klimawandels. Landschaftsgärtnerinnen und -gärtnern kommt dabei eine wichtige Rolle zu: Sie setzen Gestaltungen um und sind für die fachgerechte Pflege der Flächen zuständig, die der entscheidende Faktor dafür sind, dass biologische Vielfalt vor Ort Bestand hat und gefördert wird. Sie schaffen nicht nur "Gebrauchsgrün", sondern Ökosysteme und damit verbundene Ökosystemdienstleistungen.

Arbeitsgruppe

Um Biodiversität in der Aus- und Fortbildung im Garten- und Landschaftsbau mehr Raum zu geben, entwickelte die Bodensee-Stiftung in Kooperation mit "natur art – integrative Grünkonzepte" und gemeinsam mit engagierten Lehrenden an Berufsschulen und überbetrieblichen Ausbildungsstätten Materialien für den Unterricht. Gemeinschaftliches Handeln und der allgemeine Konsens über die Wichtigkeit der Biodiversität haben das Projekt vorangetrieben.

Die Lehrenden waren bereit, ihre bisherigen Erfahrungen weiterzugeben, um Lehrinhalte zu erstellen, die breiter gestreut und als Anleitung für andere Lehrkräfte genutzt werden können. In mehreren digitalen Meetings wurden die Ziele abgesteckt und Themen diskutiert. Das Projekt wird vom Ausbildungsförderwerk Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (AuGaLa) und den Verbänden für Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (GaLaBau) Bayern beziehungsweise Baden-Württemberg unterstützt.

Module

In den Themenblöcken wird nicht nur die grundsätzliche Bedeutung von Biodiversität vermittelt, sondern auch thematisiert, welche Tier- und Pflanzenarten mit verschiedenen Biodiversitätselementen unterstützt werden können und wie die angelegten Strukturen dauerhaft gepflegt werden. Die Module beinhalten PowerPoint-Präsentationen, Handbücher zur Anwendung der Präsentationen und Arbeitsblätter zu den Themen: Biodiversität, Bodenkunde, Kleinstrukturen, Dachbegrünung, biodiversitätsfördernde Pflege und Bewertungshilfe biodiversitätsfördernde Pflanzenauswahl.

Kurze Exkurse – beispielsweise: Wie könnte eine zukunftsfähige Stadt aussehen oder wie wichtig sind Wildbienen? – geben Impulse, um die Lehrinhalte weiter auszubauen. Die Schülerinnen und Schüler lernen dabei, wo ein Rasen Sinn ergibt und an welchen Stellen dieser durch Blühwiesen und ergänzende Kleinstrukturen ersetzt werden kann. Die Auszubildenden üben, bestehende Biodiversität zu erkennen, zu erhalten und neue Lebensräume zu schaffen.

Grünpflege

Biodiversitätsfördernde Pflege erzeugt zum Teil ungewohnte Bilder auf Grünflächen und führt damit unter Umständen zu Irritationen bei der Betrachtung. Hier kann eine aktive Kommunikation von Anfang an sehr hilfreich sein, um Missverständnisse zu vermeiden. Speziell Insekten und deren Rolle als Vogelnahrung funktionieren häufig sehr gut, um für naturnahe Flächen zu argumentieren. Außerdem hilft es, konkret auf das Nahrungsangebot für (Wild-)Bienen einzugehen. Die Schülerinnen und Schüler werden darauf vorbereitet, Gespräche mit Auftraggebenden beziehungsweise mit der interessierten Bevölkerung zu führen. Für wilde und „ungepflegte“ Ecken, wo beispielsweise Totholz oder Laub liegen bleibt oder weniger gemäht wird, wurden Argumente herausgearbeitet, um die Azubis auf Diskussionen bei der Arbeit vorzubereiten.

Darüber hinaus profitieren auch die GaLaBau-Unternehmen von diesem Projekt: über eine positive Außenwirkung und den Zugang zu einem wachsenden Markt für biodiverses und klimaangepasstes Grün. Mit einer klimaangepassten und biodiversen Expertise kann ein Betrieb werben und gleichzeitig Kunden sensibilisieren.

Verschiedene Blühpflanzen, Totholzhecken und begrünte Dachflächen fördern die Artenvielfalt und einen lebendigen Garten; Foto: (oben) Sven Schulz, (Mitte) Christine Kuchem/AdobeStock, (unten) Bodensee-Stiftung

Lebendiger Garten

Pflanzen sind die Grundlage für einen lebendigen Garten: Sie bieten Igel, Schmetterling und Co. Nahrung und Lebensraum und den Menschen den Erholungswert, den sie sich wünschen. Aus Sicht der biologischen Vielfalt ist es aber nicht gleichgültig, welche Pflanzen gesetzt werden: So bieten beispielsweise Pflanzen mit gefüllten Blüten Bienen und Hummeln keine Nahrung. Damit im Siedlungsgrün mehr Biodiversität Einzug erhält und um angehende Landschaftsgärtnerinnen und -gärtner bei der Anlage ökologisch vorteilhafter Pflanzungen zu unterstützen, ist deshalb ein Modul zum Thema Pflanzenauswahl entstanden. Das Modul bietet eine Einführung in die Pflanzenökologie, erklärt das "Schlüssel-Schloss-Prinzip" und bietet eine pragmatische Entscheidungshilfe für eine biodiversitätsfreundliche Pflanzenauswahl.

Als Dienstleister müssen Betriebe des Garten- und Landschaftsbaus sehr unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden. Für viele Kundinnen und Kunden gehören möglichst exotische Pflanzen aus fernen Ländern dazu. Auch Gärten mit einer exotischen Pflanzenauswahl können wertvolle Lebensräume bieten. Ob und in welchem Umfang sie dies tun, ist allerdings nicht ganz einfach zu entscheiden.

So ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass möglichst viele heimische Tierarten mit den "Neuankömmlingen" etwas anfangen können. Die heimische Tier- und Pflanzenwelt hat sich über viele Generationen hinweg aufeinander eingestellt. Daraus sind wechselseitige Abhängigkeiten – ein eingespieltes "Netz des Lebens" – entstanden. Bei nicht heimischen, neuen Pflanzenarten muss genauer untersucht werden, ob sie sich beispielsweise als invasiv herausstellen und andere Arten oder gar ganze Lebensraumtypen verdrängen. Heimische Arten, insbesondere "Wildformen", sind deshalb immer eine „sichere Wette“ im Sinne der biologischen Vielfalt. Darüber hinaus gibt es weitere Erwägungen wie Standortgerechtigkeit, die bei der Pflanzenauswahl eine Rolle spielen sollten.

Fazit

Die Einbeziehung von Biodiversität in die Berufsbildung des Garten- und Landschaftsbaus ist von großer Bedeutung. So werden angehenden Landschaftsgärtnerinnen und -gärtnern bedeutende Elemente für den Erhalt der biologischen Vielfalt vermittelt; gleichzeitig werden sie auf die Herausforderungen des Siedlungsgrüns im Klimawandel vorbereitet. Durch die Integration von Themen wie Artenschutz, Ökosystemleistungen und Klimaanpassung in die Ausbildung können die zukünftigen Fachkräfte ihre Expertise erweitern und nachhaltige Gestaltungen entwickeln. Die Förderung der Biodiversität in der Berufsbildung des Garten- und Landschaftsbaus trägt nicht nur zur Erhaltung der Artenvielfalt bei, sondern auch zur Sensibilisierung für ökologische Zusammenhänge und einem verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt.


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